Bei schönem Wetter erwacht der Wunsch, sich zu bewegen, und auch für ältere Menschen ist der Frühling die ideale Jahreszeit, um mehr Sport zu treiben. Spaziergänge unter freiem Himmel und in der Sonne oder Radtouren – es gibt mehrere Möglichkeiten.
Welche sportlichen Aktivitäten sind für ältere Menschen geeignet? Mit welcher Intensität und wie oft sollten ältere Menschen körperlich aktiv sein?
Darüber haben wir mit Sandro Taddei, Nordic Walking-Trainer und Langlaufskilehrer sowie Wanderführer bei Nordic Sports Viverbene in Lugano/Canobbio, gesprochen.
„Ich möchte vorausschicken, dass ich für einige sportliche Aktivitäten normalerweise eine andere Bezeichnung benutze. Für viele Personen, insbesondere diejenigen, die sich seit jeher wenig bewegen, ist das Wort „Sport“ negativ belastet, da es bei ihnen die Assoziation weckt, dass unbedingt viel Mühe erforderlich ist, um große Leistungen zu erreichen.
Um dem zumindest bei den Aktivitäten vorzukommen, die ich biete, spreche ich lieber von motorischen Aktivitäten – ein Ausdruck, der im Allgemeinen auch von älteren Menschen eher akzeptiert wird.“
Sandro Taddei fährt fort: „Es gibt Seniorinnen und Senioren, die sehr aktiv und vital sind. An den Nordic Walking Programmen, die ich biete, nehmen auch Personen im Alter von mehr als siebzig Jahren teil.“
Viel hängt vom Gesundheitszustand, der geistigen Haltung und der Erfahrung jedes Einzelnen ab: „Wenn die- oder derjenige immer schon minimal sportlich aktiv war, ist es einfacher, auch im Alter aktiv zu sein und auch die eigenen Grenzen in einem vernünftigen Rahmen zu kennen. Wer dagegen noch nie besonderes Interesse an Sport hatte, sollte zunächst mit leichter körperlicher Aktivität beginnen.
Spazierengehen kann beispielsweise ein guter erster Schritt sein. Für uns Menschen ist das einfache Laufen eine Aktivität, die sich aus natürlichen Bewegungen zusammensetzt. Wenn sie bewusst und konstant durchgeführt wird, kann sie auch für andere Tätigkeiten im Alltag von großem Nutzen sein.
Ich biete eine besondere Art des Gehens, das Nordic Walking, bei dem das Bewusstsein des eigenen Körpers und der Bewegungen eine sehr große Rolle spielen. Nordic Walking ist generell und insbesondere in der ALFA-Technik (bei der die Bewegungen sehr präzise und relativ langsam erfolgen) gerade für ältere Menschen gesundheitsfördernd und gibt dem einen tieferen Sinn, was normalerweise als einfaches „Gehen“ bezeichnet wird.“
Welche anderen körperlichen Aktivitäten empfehlen sich für ältere Menschen? „Aktivitäten wie Yoga, Pilates, Qi-Gong usw., die auf einer geeigneten Stufe erfolgen, beziehen den ganzen Körper mit ein und konzentrieren sich darüber hinaus sehr auf die Atmung.“
„Nordic Walking ist bewusstes Gehen: Die Bewegungen sind harmonisch aufeinander abgestimmt und aktivieren die Muskulatur des ganzen Körpers. Die natürliche Bewegung des Gehens wird dabei durch viele größere und kleinere Bewegungen ergänzt, die das Gehen vervollständigen und präzise und, je nach individuellen Möglichkeiten, auch intensiv gestalten.
Bei der Abstimmung der Bewegungen aufeinander werden die Bewegungen nach vorne und hinten, der rechte Körperteil mit dem linken und die unteren Gliedmaßen mit den oberen Gliedmaßen koordiniert. Ein korrektes Nordic Walking bezieht 90% der gesamten Muskulatur unseres Körpers ein. Diese Koordination vieler Bewegungen erfordert Konzentration, die wiederum eine optimale Hilfe ist, um sich von sorgenvollen Gedanken und Ängsten zu lösen.
Auch beim Nordic Walking ist die Atmung sehr wichtig. In Kombination mit der Konzentration auf sich selbst kann man auch einen „meditativen Zustand“ und damit geistige Entspannung erreichen. Das Nordic Walking wird auch als therapeutische Unterstützung in psychiatrischen Einrichtungen eingesetzt. „Wer mental mit einer solchen Aktivität beschäftigt ist, denkt nicht an anderes.“
Welche Ausrüstung braucht man für Nordic Walking?
Sandro Taddei: „Die Stöcke sind das wichtigste, dürfen aber nicht mit Trekking-Stöcken verwechselt werden.
Die Griffe von Nordic Walking-Stöcken besitzen besondere Schlaufen, die denen der Stöcke für Langlaufski ähneln und die dafür sorgen, dass die Hände immer in Kontakt mit den Stöcken sind, auch wenn man sie gerade nicht direkt greift.
Beim Nordic Walking dienen die Stöcke nicht dazu, den Körper zu stützen, sondern dienen als Werkzeug, das das Laufen unterstützt.“
Welchen Nutzen hat diese motorische Aktivität?: „Zu den wichtigsten Vorteilen des Nordic Walking gehört die symmetrische Stärkung der Muskulatur des ganzen Körpers und eine verbesserte Haltung und damit Kontrolle des eigenen Körpers, was wiederum für Koordination und Gleichgewicht förderlich ist.
Das Konzept auf der Grundlage von Nordic Walking ist, dass man die natürliche Haltung ohne Abstützen auf den Stöcken wiedererlangt und die Stöcke dazu benutzt, sich beim Gehen abzustoßen (dabei werden die oberen Gliedmaßen aktiviert und gleichzeitig die Beine entlastet). Außerdem ist es eine Aktivität, die in der Natur und auch in einer Gruppe stattfindet, was das Immunsystem einerseits und die sozialen Kontakte andererseits stärkt.“
Wann und wie häufig wird Nordic Walking empfohlen? „Grundsätzlich wird geraten, jede Art von körperlicher Aktivität zwei- bis dreimal pro Woche durchzuführen. Wichtig ist jedoch auch mindestens ein Tag Pause zwischen den einzelnen Trainingssitzungen. Die Dauer sollte jeweils mindestens 30 Minuten betragen. Die Intensität ist dagegen je nach individuellem Trainingsziel und den körperlichen Fähigkeiten der Person zu wählen. Nordic Walking bietet eine einfache Weise, sich seines Körpers und seiner eigenen Grenzen bewusst zu werden.
Aus dem gleichen Grund eignet sich Nordic Walking auch für die Rehabilitation sowohl der Gelenke und des Bewegungsapparates als auch für die kardiovaskuläre Rehabilitation, da es sich um eine aerobe Aktivität mit geringer Beanspruchung der Gelenke handelt. Die häufige Bewegung der Hände, um die Stöcke zu greifen und wieder loszulassen, ist für die Gelenke von großem Nutzen, besonders bei älteren Menschen.“
„Radfahren empfiehlt sich für diejenigen, die daran gewöhnt sind. Erst in fortgeschrittenem Alter mit dem Rad zu fahren, kann dagegen gefährlich sein. Beim Laufen besteht dagegen ein wesentlich geringeres Risiko von Stürzen und Unfällen. Außerdem kommen beim Radfahren nur 50% der gesamten Körpermuskulatur zum Einsatz, beim Nordic Walking dagegen fast das Doppelte und darüber hinaus in Sicherheit.
Sofern keine medizinischen Bedenken vorliegen, eignet sich diese Aktivität für alle, wenn sie unter Berücksichtigung der eigenen körperlichen Fähigkeiten stattfindet.“
Weitere Informationen: +41 (0)78 796 06 17