In Freizeiteinrichtungen für Senioren, auf Parkbänken und im Gespräch mit Verwandten ist immer wieder das gleiche zu hören: Ich wache früh auf, ich wache nachts dauernd auf, ich schlafe schlecht.
Mit Ausnahme seltener Fälle tatsächlicher Schlafstörungen handelt es sich nicht um eine Krankheit, sondern um einen einfachen Wandel des Lebensrhythmus im Laufe des Jahre.
Dr. Med. Pietro Gianella erläutert: „Es ist wichtig zu wissen, dass sich der Schlaf in den verschiedenen Lebensphasen ändert.“ Dieses Wissen hilft, mit Schlafstörungen bei älteren Menschen umzugehen.
Ursachen für Schlafstörungen bei älteren Menschen
„Der Schlaf von älteren Menschen ist leichter als bei Erwachsenen anderer Altersgruppen“, erläutert Dr. Med. Pietro Gianella, Facharzt für Interne Medizin und Pneumologie des regionalen Krankenhauses in Lugano. „Während der Nachtruhe schlafen alte Menschen weniger tief, was bedeutet, dass ihr Schlaf weniger erholsam ist.“
Erwachsene schlafen in einem Durchgang sieben bis acht Stunden pro Nacht, während ältere Menschen ihren Schlaf anders über den Zeitraum von vierundzwanzig Stunden verteilen: „Ältere Menschen schlafen in mehreren Zyklen, d.h. über mehrere kurze Zeiträume, wie auch Kleinkinder.“
Dazu kommt, dass viele Menschen ab einem gewissen Alter früher zu Bett gehen und früher aufstehen und als Ausgleich einen Mittagsschlaf halten.
Eine der Ursachen für Schlafstörungen bei älteren Menschen ist die verminderte Sekretion von Melatonin: Dieses Hormon sorgt normalerweise dafür, dass wir bis zu acht Stunden schlafen, auch wenn wir nach drei oder vier Stunden nicht mehr müde sind.
„Aufgrund dieses Melatoninmangels wachen ältere Menschen oft nachts auf, um auf Toilette zu gehen oder um etwas zu trinken. Was wiederum Risiken wie Stürze oder zumindest Einschlafprobleme mit sich bringen kann“, so der Arzt.
Atemprobleme im Schlaf bei älteren Menschen
„2015 wurde im Universitätsspital im Kanton Waadt (CHUV) eine Studie über Atemprobleme im Schlaf mit mehr als 2.000 Personen durchgeführt. Dabei wurde festgestellt, dass 20% der Teilnehmer im Alter zwischen 65 und 85 Jahren eine große Anzahl Schlafapnoen (30 pro Stunde) aufweisen“, so Dr. Med. Gianella weiter.
„Ab einem gewissen Alter sind Schlafapnoen normal. Unter Schlafapnoe versteht man einen Atemstillstand von mindestens 10 Sekunden, der auf einen Kollaps der oberen Atemwege zurückzuführen ist.“
Was geschieht dabei genau? „Die Muskeln entspannen sich während der Nacht. Wenn man aufhört zu atmen, registriert das Gehirn, dass etwas nicht funktioniert, und lässt uns aufwachen. Dies ist einer der Gründe, warum ältere Menschen nicht gut schlafen und ständig aufwachen. Im Allgemeinen handelt es sich hierbei jedoch nicht um eine zu behandelnde Krankheit, sondern ein Phänomen, das zu untersuchen ist, wenn der oder die Betroffene unter Folgestörungen leidet. Hierzu kommt ein so genanntes CPAP-Gerät zum Einsatz, das einen Überdruck erzeugt, der über eine Nasen- oder Gesichtsmaske an den Patienten weitergeleitet wird.“
Schlafstörungen bei älteren Menschen: Abhilfen und Arzneimittel
Ältere Menschen greifen oft zu Schlafmitteln, hebt Dr. Gianella hervor. „Darunter auch Benzodiazepine, die jedoch Wahrnehmungsstörungen und Stürze zur Folge haben können. Solche Mittel sollten durch homöopathische Mittel oder bestimmte Arten von Antidepressiva ersetzt werden, die in geringer Dosierung den Schlaf fördern.“
Zur Behandlung von Schlafstörungen empfiehlt der Arzt, nicht auf Arzneimittel zurückzugreifen, sondern für eine gute Schlafhygiene zu sorgen:
- Jeden Tag zur gleichen Zeit schlafen (immer zur gleichen Zeit zu Bett gehen und aufstehen),
- Vor dem Zubettgehen nicht vor einem Bildschirm sitzen,
- Abends keiner körperlichen oder sportlichen Aktivität nachgehen und tagsüber nicht zu viel schlafen,
- Abends keinen Alkohol trinken, weil dieser vermehrte Schlafapnoen und ein vorzeitiges Aufwachen fördert,
- Sich dem Tageslicht aussetzen, um den Tages-Nacht-Rhythmus zu regulieren,
- Abends leichtes Essen zu sich nehmen.
Nächtliche Unruhe bei älteren Menschen
Nicht immer beziehen sich Schlafstörungen bei älteren Menschen nur auf Schwierigkeiten beim Einschlafen und ständiges Aufwachen. Es gibt auch Fälle, in denen der oder die Betroffene nachts unter Unruhe leidet – dies gilt insbesondere für Patienten mit Altersdemenz.
„Der Abend führt bei Altersdemenz zu größerer Unruhe, gelegentlich auch zu Halluzinationen. Diese Patienten sind tagsüber, bei Licht und in Gesellschaft anderer Personen ruhiger. In solchen Fällen ist die einzige Abhilfe eine von einem Arzt verschriebene Arzneimitteltheraphie“, schließt Dr. Med. Pietro Gianella ab.